DIE ARROGANZ DER MACHT

Bereits mit Urteil Nr. 37/2021 (betreffend ein dem Landesgesetz Nr. 4/2020 analoges Gesetz der Autonomen Region Aosta) hatte der italienische Verfassungsgerichtshof erklärt, dass Regelungen und Sanktionstätigkeiten im Zusammenhang mit den Covid-19-Maßnahmen in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Staates fallen.

Der Landeshauptmann hätte also zum damaligen Zeitpunkt seine amtsmissbräuchliche Vorgehensweise einstellen müssen.

Denn das vom Verfassungsgerichtshof erklärte Grundsatzprinzip betrifft alle autonomen Provinzen und Regionen.

In seinem Urteil Nr. 164/2022 (betreffend Konflikt zwischen der Autonomen Provinz Bozen und dem Garanten für den Schutz personenbezogener Daten im Zusammenhang mit dem greenpass) stellte der Verfassungsgerichtshof darüber hinaus klar, dass dem Landeshauptmann im Bereich der sog. „Pandemie-Bekämpfung“ auf lokaler Ebene keine Notstandsbefugnis zusteht.

Laut Art. 4 Gesetzesdekret Nr. 19/2020 stand die Verhängung von Strafen im Zusammenhang mit der sog. „Pandemiebekämpfung“ ausschließlich dem Präfekten zu.

Mit seinen unlängst ergangenen Urteil Nr. 50/2024 (betrifft das LG Nr. 4/2020 und die Notstandsverordnung des LH im Zusammenhang mit einer – wegen Nicht-Kontrollierens des greenpasses von Seiten einer Meraner Pizzeria – vom Generalsekretariat des Landes verhängten Strafe) hat der Verfassungsgerichtshof die bereits seit 2021 erklärten generell geltenden Prinzipien bestärkend wiederholt und bestätigt, dass es unerheblich ist, ob die in der „Landesreglementierung“ vorgesehenen Strafe von der staatlich vorgesehenen Strafe abweicht oder nicht, denn selbst wenn die „Landesregelung“ die vom Staat vorgesehene Strafe einfach Eins zu Eins übernommen hat, ist sie dennoch als verfassungswidrig zu erachten, da die Kompetenz für die Festlegung der Maßnahmen und Sanktionen ausschließlich beim Staat liegt.

Und ausschließlich beim Staat, sprich Präfekten, lag die Befugnis/Kompetenz zur Auferlegung der Sanktionen, wie vom Art. 4 des Gesetzesdekrets Nr. 19 vom 25.03.2020 eindeutig geregelt.

Der Landeshauptmann und das Generalsekretariat haben daher amtsmissbräuchlich gehandelt und die vom Land Südtirol, ohne entsprechende Zuständigkeit zugestellten Bußgeldbescheide müssen annulliert und die bereits kassierten Strafen den betroffenen Bürgern zurückbezahlt werden.

Und freilich täte der Landeshauptmann gut daran, aus der bereits seit 2021 klaren rechtlichen Situation, die längst schon fälligen Schlussfolgerungen zu ziehen – sprich die Annullierung der Bußgeldbescheide und die Rückzahlung der bereits kassierten Bußgelder an die betroffenen Bürger zu veranlassen –  anstatt in einer seinem Amt nicht zuträglichen arroganten Haltung in meine Richtung untergriffige Bemerkungen zu machen, weil ich als Landtagsabgeordnete im Interesse der betroffenen Bürger die Rückerstattung der vom Land Südtirol amtsmissbräuchlich kassierten Bußgelder verlange und hierfür den Bürgern eine Vorlage für den Rückerstattungsanspruch zur Verfügung gestellt habe.

RA/Avv. DDr. Renate Holzeisen

Abgeordnete zum Südtiroler Landtag – Membro del Consiglio della Provincia Autonoma di Bolzano

Fraktion VITA – Gruppo Consiliare VITA